Verkehrsrecht

 

Mängelhaftung beim Gebrauchtwagenkauf

Seit 01.01.2002 hat sich das Schuldrecht grundlegend geändert:
Die Änderungen wurden nötig, um den Anforderungen des EU-Rechts, insbesondere auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes, zu genügen. Hervorzuheben ist die Einführung des Verbrauchsgüterkaufs und die
Verlängerung der Sachmängelhaftung von 6 Monaten auf 2 Jahre (aber verkürzbar!). Das Kaufrecht wird durch die Einführung des Verbrauchsgüterkaufs zukünftig in zwei Teile aufgespaltet: Für den Kauf Verbraucher vom Unternehmer werden die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufs Anwendung finden, für den Kauf Unternehmer von Unternehmer bzw. Privat von Privat kommt das "normale" Kaufrecht zum Tragen. Das neue Kaufrecht findet Anwendung auf Verträge, die ab dem 01.01.2002 geschlossen wurden. Für bis zum 31.12.2001 geschlossene Verträge gilt grundsätzlich das alte Recht, wenn im Vertrag keine andere Vereinbarung getroffen wurde. Die nachfolgenden Informationen erfolgen auf der Basis
des neuen Kaufrechts.



Haftung beim privaten Verkauf eines Gebrauchtwagen

Formularverträge für den privaten Verkauf enthalten in der Regel einen Sachmängelhaftungsausschluss zugunsten des privaten Verkäufers für Fahrzeugmängel (so auch der ADAC-Vertrag, der unter Recht&Rat-Musterverträge abrufbar ist). Dieser Haftungsausschluss gilt nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch für Schwerstmängel. Fehlt ein solcher Haftungsausschluss, haftet der private Verkäufer dem Käufer für alle Fahrzeugmängel, die bei der Übergabe vorhanden waren, mit Ausnahme normaler, altersgemäßer Verschleiß-, Abnutzungs- und Alterungsschäden (OLG Karlsruhe DAR 88, 162). Bei vom Verkäufer selbstformulierten Vertragstexten sollte ein Haftungsausschluss - ähnlich dem folgenden -
aufgenommen werden:

"Das Kraftfahrzeug wird unter Ausschluss der Sachmängelhaftung verkauft."

Enthält der Vertrag einen solchen Ausschluss, haftet der private Verkäufer bei Mängeln grundsätzlich nur noch bei ausdrücklichen Garantiezusagen oder bei nachweisbarer Arglist (s.u.) Vorsicht bei Formulierungen wie etwa: "gekauft wie besichtigt" – oder "wie besichtigt und probegefahren"! Damit wird die Sachmängelhaftung im allgemeinen nur für solche technischen Mängel ausgeschlossen, die der Käufer bei einer normalen Besichtigung ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen hätte feststellen können (ständige Rechtsprechung, z. B. BGH DAR 54, 14; OLG Koblenz NJW-RR 92, 1145; OLG Saarbrücken ZfS 94, 245). Der Umstand, dass ein Kraftfahrzeug als gebraucht verkauft wird, rechtfertigt für sich allein nach ständiger Rechtsprechung nicht die Annahme eines stillschweigenden Haftungsausschlusses. Auch bei älteren Fahrzeugen mit mehreren Vorbesitzern bedarf es im allgemeinen einer ausdrücklichen Haftungsbeschränkung. Eine stillschweigende Freizeichnung hat die Rechtsprechung nur in Sonderfällen angenommen, vorwiegend zu Lasten von gewerblichen Händlern, z. B. dann, wenn beim Neuwagenkauf vom Käufer das alte Fahrzeug in Zahlung gegeben wird (BGH NJW 82, 1700), dann wird der private Altwageneigentümer so behandelt, als habe er unter Sachmängelhaftungsausschluss verkauft.
 


Haftung beim Kauf vom Unternehmer/Händler

Handelt es sich um einen Verbrauchsgüterkauf, also wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer (Händler) kauft, so darf die Sachmängelhaftung beim Gebrauchtwagenkauf nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Sie kann lediglich auf 1 Jahr verkürzt werden. Ein Verbrauchsgüterkauf liegt vor wenn ein Verbraucher von einem Unternehmer ein Fahrzeug kauft. Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Unternehmer ist gemäß § 14 BGB eine natürliche oder juristische Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen Tätigkeit handelt. Dies betrifft vor allem die Fälle, in denen eine Privatperson von einem Händler einen
Gebrauchtwagen kauft. Aber auch die Fälle sind erfasst, in denen ein Fahrzeug aus dem Betriebsvermögen eines Freiberuflers (Arzt, Rechtsanwalt, Architekt), Handwerkers oder Landwirts an einen Verbraucher verkauft wird. Im Einzelfall ist somit zu prüfen, ob das Fahrzeug privat genutzt wurde oder ob es sich um ein betrieblich genutztes Fahrzeug handelt. Wurde ein Fahrzeug sowohl privat als auch beruflich genutzt, so ist entscheidend, auf welcher Nutzung der Schwerpunkt lag. Steht fest, dass es sich um einen Verbrauchsgüterkauf handelt, so gelten einige Besonderheiten. Wichtig ist zunächst, dass der Verkäufer mindestens ein Jahr für Sachmängel haften muss, die bei Übergabe des Fahrzeugs bereits vorlangen. Des Weiteren gilt eine gesetzliche Beweislastumkehr zugunsten des privaten Käufers: Bei Auftreten eines Mangels innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Kauf wird vom Gesetz her vermutet, dass der Mangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs vorlag. Den Verkäufer trifft die Last, das Gegenteil zu beweisen. Nach dieser Zeit muss der Käufer beweisen, dass der Mangel bereits bei Übergabe vorlag. Schließlich sind die Schutzvorschriften des Verbrauchsgüterkaufs zwingend, so dass jegliche Umgehung unzulässig ist. Unzulässig ist beispielsweise die Zwischenschaltung einer Privatperson, die das Fahrzeug des Unternehmers unter Ausschluss der Sachmängelhaftung
verkauft. Weiter kann es unzulässig sein, wenn der Verkäufer in den Kaufvertrag aufnimmt "Bastlerfahrzeug", "zur Ausschlachtung" oder "geringe Restlaufzeit", um so die Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs bereits als Vertragsbestandteil aufzunehmen, wenn dies objektiv nicht stimmt, da beispielsweise gerade der TÜV neu gemacht wurde. Indiz für eine Umgehung liefert in einem solchen Fall auch der Preis und die Laufleistung.

Haftung des Verkäufers für Garantiezusagen

Für vertragliche Garantien zur Beschaffenheit des Fahrzeugs haftet derGebrauchtwagenverkäufer. Ein Ausschluss der Haftung ist hier nicht möglich (§ 444 BGB). Bei Nichtvorliegen haftet der Verkäufer verschuldensunabhängig auf Schadenersatz. Rechtsprechung zu der Übernahme einer Garantie gibt es bisher noch nicht. Bis zum 31.12.2001 gab es jedoch die Möglichkeit, sich auf eine zugesicherte Eigenschaft zu berufen. Die Rechtsprechung zur zugesicherten Eigenschaft kann daher für die Garantiezusage entsprechend herangezogen werden. Eine Zusicherung liegt immer dann vor, wenn der Verkäufer erkennbar für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft die Gewähr übernehmen
will und für die Folge ihres Fehlens einstehen will (BGH NJW 91, 1223; BGH NJW 92, 2564). Schwierig ist zu beurteilen, ob spezielle Angaben zum Fahrzeug im Kaufvertrag tatsächlich eine echte Garantiezusage bzw. Zusicherung sein sollen oder nur allgemeine unverbindliche Anpreisungen (z.B. "Motor ist dicht oder Wagen 100% in Ordnung"; OLG Köln 13 U
104/87). Auch Angaben in Annoncen und auf Verkaufsschildern können Zusicherungen sein (OLG Köln DAR 90, 347; OLG Koblenz DAR 93, 295). Die Rechtsprechung ist hier nicht in jedem Fall nachvollziehbar. Es hängtsomit alles vom Einzelfall ab.


Arglistiges Verschweigen von Mängeln durch den Verkäufer

Die Haftung für arglistig verschwiegene Mängel kann vom Verkäufer ebenfalls nicht ausgeschlossen werden. Arglist liegt vor, wenn der Verkäufer den Fahrzeugmangel kennt oder mit einem Vorhandensein eines Mangels rechnet und dies dem Käufer verschweigt. Auf ihm bekannte, wesentliche Mängel des Fahrzeuges (Unfallschaden) muss der Verkäufer auch ohne ausdrückliche Frage hinweisen. Lediglich Bagatellfehler brauchen ungefragt nicht mitgeteilt zu werden. Dem Käufer eines älteren Kfz obliegt eine besondere Prüfungspflicht, bevor er den Kaufvertrag unterzeichnet (BGH DAR 95, 322).
Bei arglistiger Täuschung beträgt die Verjährungsfrist 3 Jahre.

Mangel oder Verschleiß

Zeigt sich nach dem Kauf ein Mangel am Fahrzeug, so ist nicht in jedem Fall die gesetzliche Sachmängelhaftung einschlägig. Es ist zu unterscheiden, ob es sich tatsächlich um einen Sachmangel oder lediglich um eine Verschleißerscheinung handelt. Da kein Neu-, sondern ein Gebrauchtwagen vom Verkäufer geschuldet wird, sind gewisse
Gebrauchsspuren vom Käufer hinzunehmen, ohne dass Sachmängelhaftungsrechte geltend gemacht werden können. Ein Mangel liegt daher regelmäßig nicht vor, wenn es sich lediglich um übliche Gebrauchs- und Abnutzungsspuren handelt.
Problematisch wird es insbesondere bei einem Defekt eines typischen Verschleißteils. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob tatsächlich ein Sachmangel vorliegt oder lediglich Verschleiß gegeben ist. Eine konkrete Abgrenzung muss im Einzelfall erfolgen und kann nicht pauschal festegelegt werden. Das OLG Bamberg hat in einem Urteil vom 20.12.2000 (DAR 2001, 357, ADAJUR Dok.Nr. 44689) beispielsweise entschieden, dass abgenutzte Dichtungen und Dichtringe bei einem Gebrauchtwagen keinen Mangel darstellen, da es sich um typische Verschleißteile handelt.


Rechtsfolgen der Haftung des Verkäufers für Fahrzeugmängel

- Nacherfüllung:
Der Käufer hat zunächst das Recht auf Nacherfüllung. Hierbei kann er wählen zwischen Beseitigung des Mangels (Nachbesserung) oder Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (Ersatzlieferung). Der Verkäufer kann die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Im Gebrauchtwagenkauf wird die Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs oft unverhältnismäßig sein, so dass der Verkäufer nachbessern darf. Liefert der Verkäufer zum Zweck der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache, so kann er vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache verlangen. Verweigert der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung oder ist die dem
Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar, kann der Käufer vom Vertrag zurücktreten oder Minderung des Kaufpreises verlangen. Eine Nachbesserung gilt nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt.

- Rücktritt vom Vertrag oder Minderung:
Schlägt die Nacherfüllung fehl oder ist eine vom Käufer dem Verkäufer gesetzte angemessene Frist (ca. 2 Wochen) zur Nacherfüllung erfolglos abgelaufen oder ist eine Fristsetzung nach § 323 Abs. 2 BGB entbehrlich, weil der Verkäufer die Nacherfüllung ernsthaft und endgültig verweigert hat, so kann der Käufer entweder Rückgängigmachung des Kaufvertrages
(Rücktritt nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB) verlangen oder statt des Rücktritts den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern (Minderung nach §§ 437 Nr. 2, 441 BGB). Zu beachten ist jedoch, dass der Rücktritt ausgeschlossen ist, wenn es sich um einen unerheblichen Mangel handelt (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB). Im Falle des Rücktritts sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Beim Rücktritt muss der Käufer den Vorteil ausgleichen, den er durch die Benutzung des Wagens bis zu dessen Rückgabe erlangt hat. In der Rechtssprechung wird der auszugleichende Vorteil mit 0,7 bis 1% des reinen Kaufpreises (nicht also einschließlich Überführungs- und Zulassungskosten) des Fahrzeuges pro gefahrene 1000 km bewertet. Die Minderung hat die gleichen Voraussetzungen wie der Rücktritt, so dass auch hier grundsätzlich eine angemessene Fristsetzung durch den Käufer zur Nachbesserung nötig ist. Eine Minderung ist im Gegensatz zum Rücktritt auch bei unerheblichen Mängeln möglich. (da gemäß § 441 Abs. 1 Satz 2 BGB der § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB keine Anwendung findet). Es gibt keinen generellen Minderungsbetrag. Der Minderbetrag ist im Wege der Schätzung zu ermitteln. Soweit erforderlich, muss ein Sachverständiger durch Gutachten den Minderbetrag festsetzen.

- Schadenersatz:
Liefert der Verkäufer ein mangelhaftes Fahrzeug, so kann der Käufer Schadenersatz nach § 280 BGB verlangen, wenn der Verkäufer die Mangelhaftigkeit zu vertreten hat. Das Verschulden des Verkäufers ist nur dann nicht nötig, wenn er eine besondere Garantie übernommen hat (§ 276 Abs. 1 Satz 1 BGB).